Das Leben hat wieder Fahrt aufgenommen und ist losgerollt.
Wie schändlich trotzdem, dass hier ein unfassbares, volles Jahr nichts passiert ist! Also schnell raus mit dem Einseiter für Pure Fruit soundsoviel! Die Geschichte ist erstmalig ausgedacht und Frieda nimmt lediglich eine Statistenrolle ein – auch natürlich, weil sie dann nicht selbst an der Stelle des Hasen sein muss.
Der Grund für all das: Die Ausstellung, bei der Frieda Karatze ihren ersten überlebensgroßen Auftritt feiern sollte, musste die ganze Coronazeit über ausfallen und seitdem steht Frieda mit den Figuren der anderen ZeichnerInnen im Keller. Aber jetzt wird diese Ausstellung endlich nachgeholt. Am 14. Juni ist die Eröffnung im Kieler Landtag. Falls also jemand hier vorbeischaut, wirkt der Blog immerhin auf den ersten Blick aktuell.
Neulich haben wir Geschwister wieder alle durcheinander geredet.
PS: Dieser Beitrag ist eine Premiere. Er ist gerade in Pure Fruit 23 erschienen. Zum ersten Mal gibt es uns jetzt offsetgedruckt auf zwei Seiten.
Allerdings ist hier mehr Farbe. Im Magazin sah das blöd aus mit so viel Farbe, hier wäre es umgekehrt.
Die Sehnsuchtstorte ist sensationell lecker. Sie schmeckt allen gut, auch denen, die Torten sonst nicht gerne mögen. Denn in diese Torte ist die Erinnerung an schöne Dinge eingebacken. Und Mehl, Eier, Zucker, Butter und die anderen normalen, aber schon an sich ungemein wohlschmeckenden Zutaten sind auch im Spiel, als Bindemittel sozusagen.
Aus gegebenem Anlass verrate ich mal, wie wir ausgesehen hätten, wenn wir Hasen geworden wären.
Hasen sind bei anderen ZeichnerInnen sehr beliebt. Deswegen hatte ich das am Anfang auch mal ausgetestet. Ich konnte mir aber nicht richtig vorstellen, ein Alter-Ego-Leben mit Fellnase zu führen und gleichzeitig immerzu diese langen Ohren zeichnen zu müssen. Allerdings wären wir dann auch Vegetarier.
Ich habe auch Hunde probiert. Bei den Hunden gibt es ja eine unglaubliche Vielfalt, was wiederum praktisch ist, um die unterschiedlichen Charaktere darzustellen. Die Katze ging mir hingegen deutlich leichter von der Hand. Also wurden wir Katzen.
Neulich machte ich dann eine tolle Entdeckung. Es ging um Katzen in der Antike. Die alten Ägypter verehrten die Katzengöttin Bastet! Sie ist die Tochter des Sonnengottes Re. Selbst ist sie die Göttin der Fruchtbarkeit und der Liebe, Beschützerin der Schwangeren und Göttin der Freude, des Tanzes, der Musik und der Feste – alles in Personalunion. Bastet ist die Gute, die Sanftmütige, weil irgendwann ihre zerstörerische und wütende Seite der armen Sachmet zugeschoben wurde. Die Angaben variieren von Ort zu Ort und von Zeit zu Zeit.
Ich stelle überwältigt fest: Das sind ganz große Fußstapfen, in die wir da getreten sind!
Und jetzt sieh sie dir mal an! Sie hat wie wir einen Katzenkopf und einen menschlichen Körper, und zwar ohne Katzenschwanz, was von meiner schärfsten Kritikerin Feline oft angekreidet wurde.
Ich habs gewusst, da draußen gibt es seit tausenden von Jahren unsere ganz berühmte Vorlage!
Als Bastets Stern am hellsten leuchtete, wurde ein Katzenkult ohnegleichen losgetreten. Erst wollten die Ägypter einfach nur ihr geliebtes Haustier mumifizieren. Zu dem Zeitpunkt verhielt es sich mit dem Katzenkult für ägyptische Verhältnisse noch relativ normal.
Um aber der in vielen Lebensbereichen ja sehr wichtigen Göttin Bastet huldigen zu können, brauchte man reichliche Katzenmengen. Das Angebot auf die große Nachfrage unterbreiteten freundlicherweise die zuständigen Priester. Der Käufer wählte eine eigens in den Tempeln aufgezogene Katze aus. Die Priester töteten sie im Anschluss und mumifizierten sie fachgerecht. Je nach Budget des Käufers kam dabei eine größere (fig 2 und 3) oder eine kleinere (fig 1) Mumie heraus. Die Käufer legten die Mumie dann in einer speziell für den Zweck der Katzenopferung eingerichteten Grabkammer ab. Manche kauften auch gleich mehrere Exemplare, womöglich gab es Rabatt. Heute ist das alles schwer nachvollziehbar.
Ferner verbreitete sich eine Statuette (fig 4), die Bastet als Katze darstellt und die sich bis heute gut verkauft, das aber nur am Rande.
Röntgenaufnahmen von hunderten von Katzenmumien zeigen, dass ein Viertel vollkommen hohl oder nur mit ein paar lumpigen Katzenknochen gefüllt ist. Wahrscheinlich dachten sich die Priester: Schummelmumie hin oder her, Placebo hilft auch prima.
Die Infos habe ich von hier und da.
Hugo hat mittlerweile lange Haare.
Demnächst dürfen die Frisöre wieder aufmachen. Hugo sieht zwar wie einer aus, der monatelang auf den Frisörbesuch verzichten musste, es trifft aber überhaupt nicht auf ihn zu. Er findet seine aktuelle Frisur genau richtig. Die Kernfamilie geht außerdem seit Jahren bei mir zum Frisör. Ich beherrsche die technischen Finessen nicht im Geringsten, dafür verfüge ich – im Gegensatz zu so mancher Frisörin – über ein gewisses Gespür.
Als Noki in demselben Alter war wie Hugo jetzt, hatte er die Haare auch so. Damals war eine solche Haartracht gerade angesagt, deshalb fiel mir nicht auf, dass das in Wirklichkeit nur eine Verweigerungshaltung in Zusammenhang mit dem Alter war. Jetzt erkenne ich die Parallelen.
Und gleich noch eins dieser Bilder hinterher, die einen schwierigen Sachverhalt visuell verdeutlichen sollen.
Weil sich der Sinn nicht sofort erschließt, helfe ich ein bisschen. Das Bild trägt den Titel „Die Mutter“. Die Person auf dem Bild ist anscheinend die Mutter. Sie hält einen Hammer in der Hand und scheint etwas genervt zu sein. Der Text auf dem Schild zeigt den Ist-Zustand, denn das Schild ist aufgestellt. Das Brett, das unter den Arm geklemmt ist, symbolisiert den Normal-Zustand.
Insgesamt soll das bedeuten: Eine andere, irgendwie strange Sache ist an die Stelle der üblichen mütterlichen Organisation getreten und jetzt weiß die Mutter nicht, was sie machen soll. Oft war sie ermattet vom ständigen Organisierenmüssen, jetzt hat sie Entzugserscheinungen. Also: Das Schild unten mit rannageln? Organisation gegen Isolation zurücktauschen? Alles so lassen und sich freuen? Hugo zwingen, sich endlich die Haare schneiden zu lassen, damit er wieder was sieht?
Freitag
Der Teich in Nup ist endlich zugefroren. Feuerwehrmänner der sehr kleinen Feuerwehr von Nup haben das Eis getestet und sind zu dem Schluss gekommen, dass es hält. Nach dem Homeschooling kramt Feline ihre Schlittschuhe raus, sie passen wie angegossen.
An die 10 Nuper vereinnahmen die neu entstandene Fläche. Wir auch.
Die Feuerwehrmänner sind sich jetzt doch nicht mehr so sicher, ob das Eis die vielen Leute hält.
Die Luft ist klar, die Sonne lacht.
Nach drei Stunden aufmerksamer Beobachtung rufen die Feuerwehrmänner sicherheitshalber die Polizei. Der Polizeibeamte soll gesagt haben: „Da würde ich auch sofort raufgehen!“
Ich bin mir ziemlich sicher, dass, durch welche Uniformierten auch immer, die Leute nicht von dieser fantastischen Eisfläche hätten ferngehalten werden können. Passiv im Konjunktiv – geht’s eigentlich noch komplizierter?
Glücklich und mit roten Wangen kommt Feline abends heim.
Sonnabend
Wie kommt es, dass alle zufällig Schlittschuhe im Keller haben? Egal, ich kann auch nicht widerstehen, und ziehe die alten Dinger an – wobei ich gleich vormittags losgehe, damit mich nicht so viele sehen. Die Schuhe sind Schrott, weshalb ich noch schlechter klarkomme.
Die weiße Eisfläche glitzert in der Sonne. Der Teich windet sich märchenhaft um hunderte Baumecken und scheint sich dabei auszudehnen. Alles passt zusammen. Besonders gut passen Euphorie, Sonne und das Gefühl von Freiheit zusammen. Die Erinnerung an unbeschwerte Kindheitstage flackert auf. Wie wir damals nur im Pulli übers Eis unten auf dem Teich sind, vier Mädchen mit den mecklenburgischen Hügeln im Rücken und vor ihnen ihr ganzes Leben…
Stopp mal und aufgemerkt: Das hier, das jetzt, das alles ist die Kindheit unserer Kinder!
Ich falle nach einer Weile doch noch mit den Schrottschuhen hin und gebe auf.
Der Eisteich ist jedenfalls schon kein Geheimtipp mehr. Geheimtipps gehen in diesen Zeiten grundsätzlich viral.
Jan lernt Nachbarn kennen, die er nie zuvor gesehen hat. Feline trifft die anderen Kinder. Grüppchen stehen zusammen, mit Schlitten, Speisen und Getränken. Von Langlaufski bis Hockey ist wirklich alles dabei.
Glücklich und mit roten Wangen kommen Jan und Feline abends heim.
Sonntag
Volksfestähnliche Zustände. Auch die Spaziergänger aus der Stadt sind mit Schlittschuhen wiedergekommen.
Ganze Familienautos fahren vor. Es ist, als hätte man sie endlich alle von der Leine gelassen. Im Gegensatz zu früher ist es schön, sich mit ihnen allen die Fläche zu teilen. Es ist eine Art gemeinschaftliches Aufatmen.
Das Eis ist jetzt voller blanker Wege und Jan in seinem Element.
Glücklich und mit roten Wangen kommen Feline und Jan abends heim.
Montag
Wildes Schneegestöber. Feline und Jan sind stundenlang auf dem Eis.
Besonders glücklich, mit roten Wangen und schneebedeckt kommen sie abends heim.
Dienstag
Es taut. Der Teich ist nur noch der Teich.
An Hugos Schule nimmt man es mit dem Datenschutz sehr genau. Die bedauernswerten Kinder haben ihre Zeugnisnoten darum erst nach den Eltern erfahren, was aus verschiedenen Gründen, die ich hier aber nicht näher ausführen werde, eine Gemeinheit ist.
* Hugo ist zum Glück entspannt geblieben und bemühte aus gegebenem Anlass ein Filmzitat, das Boromir im Herrn der Ringe Teil 1, deutsche Synchronfassung, von sich gibt. Das Zitat muss bei den Karatzen in den allerunterschiedlichsten Situationen herhalten. Zur Zeit häufiger.
Ansonsten bin ich für die Einführung eines echten Coronazeugnisses. Skills wie Geduld, Optimismus, die Fähigkeit sich zu strukturieren, Lehrfähigkeit, Körperpflege und gesund kochen werden da bewertet. Das Ganze muss wegen der Coronabestimmungen von den Betroffenen natürlich selbst geprüft werden, Eltern bewerten ihre Kinder und umgekehrt, am Ende wird ein Mittelwert genommen. Wenn das nächste Virus auftaucht, kann das Zeugnis dazu genutzt werden, den Ehrgeiz zu entwickeln, es diesmal besser hinzukriegen.
Immer im Januar bekomme ich Sehnsucht nach dem Sommer. Die Ferien sind vorbei und der Blick geht jetzt nach vorn.
Im Sommer ist es warm und hell und außerdem gibt es Melonen.
Wenn ich den Lauf des Jahres irgendwie bildlich darstellen sollte, würde ich statt der häufig verwendeten Torten einfach eine Melone nehmen. Genau wie eine unaufgeschnittene Melone liegt das ganze neue Jahr vor dir. Um dann schneller als du kucken kannst dahinzuscheiden.
Jan findet das seltsam. Er denkt als nächstes an die Winterlinge, die Schneeglöckchen und all die anderen Frühblüher. Und meint, dass alles zu seiner Zeit drankommen müsse.
Falsche Reihenfolge? Ja selbstverständlich, die Frühblüher kommen zuerst, aber gibt es da schon Melonen? Nein! Ich bin also gezwungen, das Frühjahr, das ich ebenfalls kaum erwarten kann, für den Augenblick zu überspringen. Das wäre dann wohl geklärt.
Bis Ende Juni wirst du die eine Hälfte der Melone zwar aufgegessen haben. Aber die andere ist immer noch da. Das ist der Sommer!
Vom Sommer zehre ich jetzt, wie die Maus Frederik, die im Winter die Sonnenstrahlen verteilt, die sie im Sommer gesammelt hat. Und genau, da haben ihn noch alle als faul bezeichnet. Dabei wärmt nichts mehr als diese wunderbare Mischung aus Erinnerung und Vorfreude.
Weißt du noch, Kroatien im vorletzten Sommer? Umgeben vom Lärm der Zikaden aßen wir zuckersüße Melonen. Es war einer unserer schönsten Urlaube.
Die Melonen in Kroatien sind so schwer wie ein Stapel Ziegelsteine. Es ist unmöglich, sie in der Hitze eine halbe Stunde lang zum Ferienhäuschen hochzuschleppen. Deswegen mussten wir das Auto nehmen. Wir haben immer aufgepasst, dass uns niemals die Melonen ausgehen.
Es gibt auch Feigen in Kroatien. Ungefähr ist jeder Baum, der kein Olivenbaum ist, ein Feigenbaum. Allerdings waren die Feigen erst am letzten Tag unseres Urlaubs reif. Wenn ich im Januar an den Sommer denke, kommen mir Feigen auch wirklich nur als Letztes in den Sinn.
Alles Gute ist aber nie beisammen. Auch die Spinnen sind dort groß. Sehr, sehr groß. Überall hängen sie in ihren Netzen. Inzwischen weiß ich, dass dort eine Tarantelart und eine europäische Art der Schwarzen Witwe leben. Beide sind nicht lebensgefährlich. Menschen mit Arachnophobie haben aber sowieso andere Probleme.
Lass dich treiben. Lass das Alte gehen. Alles irdische Verlangen ist ganz fern.
Atme tief ein … spüre noch einmal die Wärme auf deiner Haut … Wasser umspielt sanft deine Füße … die friedlichen Geräusche der Südsee umgeben dich.
Was auch passiert: Bleibe in deiner Imaginationsübung!
27. November 2020
Prinzipiell bin ich eine dem hohen Anspruch verhaftete Zeichnerin, was anderes will ich jedenfalls nicht hören. Manchmal kann aber sogar ich der Verlockung nicht widerstehen, ein oft bemühtes Thema mittels lahmer Ideen darzustellen. Und trenne mich dann noch nicht mal wieder davon. Eine Klopapierrolle, der es gelingt, das Wort „Rollen“ zu rollen, ist ein gutes Beispiel. In der Realität ist so ein Versuchsaufbau absolut unmöglich. Aber das allein ist es nicht. In Wirklichkeit versuche ich so das Thema Klopapierhamstern zu tarnen.
Denn, und eine interessante Randnotiz ist das allemal, die Leute fingen trotz zahlreicher Aufklärungsversuche schon wieder damit an.
Feline und ich waren im Supermarkt. Den Prioritäten entsprechend trugen wir Waren zusammen.
Stopp!
Masken vergessen. Also noch mal richtig.
Während ich sehr zufrieden mit einem Riesenpack Klopapier zum Wagen zurückgekehrt kam (das spart Verpackung, nur deswegen), hatte sich Feline schon Argumente für das von ihr ausgewählte Produkt zurechtgelegt. Erstens: Fast alle in der Schule hätten jetzt so eine Decke, weil zweitens: das Fenster immer geöffnet sei – unverzichtbare Coronamaßnahme nämlich. Und es müsse zum Dritten auch dringend genau diese sein, in dieser Farbe und der Flauschigkeit wegen aus 100 Prozent Erdöl. Ich stimmte sofort zu.
Nach der Anschaffung einer Grundausstattung waschbarer Masken, wegen dauerhaften Tragens während des Schulbetriebs in ihrer Zahl derer der Socken nicht mehr unähnlich, langen Sportzeugs für Hugos erforderlichen Außensportunterricht, einer vollumfänglichen Yogaausstattung für mein Online-Yoga und eines hochprofessionellen Tonaufnahmeequipments für Jans Online-Folksession stellt sich die Frage, was wir als nächstes anschaffen müssen, wirklich nur ganz am Rande.
Ich bin dann noch mal zurück zum Sushi-Stand im Eingangsbereich des Supermarktes, weil ich plötzlich Lust auf noch mehr Gerolltes bekam.
In der asiatischen Küche werden Lebensmittel gern zu Rollen verarbeitet – oft zu ihrem Vorteil. Japanische Maki, vietnamesische Nem und koreanische Gimbap zum Beispiel sind köstlich.
Nur den Deutschen scheint das nicht so gut zu gelingen. Bei der ostdeutschen Eierkuchenrolle muss ich immer an die viel zu dicken Eierkuchen meiner Kindheit denken. Meine Mutter streitet das ab, obwohl wir uns alle sehr gut daran erinnern können. Dieses Phänomen ist nicht ungewöhnlich. Erinnerungen werden nachträglich beschönigt. So lässt es sich insgesamt besser leben. Und so hat meine Mutter in ihrer Vorstellung eben feinste, hauchdünne Crêpes gebacken.
Das westdeutsche Pfannkuchenröllchen lag vor Corona gerne auf Mitbringbuffets. Es wirkt sehr gequält mit seiner fettigen Lachs- und Frischkäsefüllung. Bei mir hat die nachträgliche Beschönigung in beiden Fällen nicht geklappt. Mit richtigen Crêpes kann man sowieso alles machen, falten, halbieren, achteln, sogar rollen geht.
Die Pause ist für den arbeitenden Menschen sehr wichtig. Besonders deshalb, weil es danach angeblich möglich sein soll, mit voller Leistung weiterzumachen. Zur Unterstützung gibt es Ratgeber, in denen zum Beispiel steht, dass es gut sei, die Arbeit regelmäßig und geplant niederzulegen. Zu kurz darf eine Pause nicht sein, zu lang aber auch nicht und es sollten lieber viele kurze als wenige lange sein. Es gibt da die kuriosesten Modelle.
Bin ich morgens schließlich in den Arbeitsprozess reingekommen, will ich natürlich auch erstmal drin bleiben. Als cheflose Arbeiterin brauche ich für die Einhaltung der Pause dann aber leider die doppelte Menge Selbstdisziplin. Frühstück esse ich zum Beispiel nebenbei und kann so die erste lästige Unterbrechung verhindern. Müsli bietet sich da gut an. Es schmeckt eh nicht besonders und verdient deshalb auch keine ungeteilte Aufmerksamkeit. Außerdem krümelt es nicht.
Unterbrechungen von außen nehme ich widerum sehr gerne an, ich weiß nicht, ob das als vollwertige Pause zählt. Jede eingehende Mail wird sofort gelesen, jede Nachbarin, die nach Eiern fragt, bekommt auch welche.
Hier aus gegebenem Anlass eine für mein Dafürhalten sensationelle Empfehlung für das Homeoffice:
Geh Wäsche aufhängen! Wäscheaufhängen ist aus mehreren Gründen eine herausragend gute Pausengestaltung. Du bist an der frischen Luft (gegebenenfalls Fenster öffnen), die Hände verrichten wichtige und gleichzeitig meditative Arbeit, du entspannst dich automatisch. Du musst lediglich daran denken, vor Arbeitsbeginn die Waschmaschine anzustellen, zeitlich haut das dann gut hin.
Und da sind wir auch schon beim Wesen der Pause angekommen. Es geht um nichts als Erholung dabei. Der Kopf muss im vollkommenen Leerlauf sein.
Es ist darum nicht richtig, wenn dir in der Pause irgendwelche, womöglich noch guten Ideen kommen. Ploppen dennoch welche auf, ist es keine Pause mehr. Ich rate in diesem Fall, die Pause sofort abzubrechen und wieder an die Arbeit zu gehen.
Ich verdeutliche zunächst noch einmal visuell richtiges und falsches Gedankenverhalten, weil das ein sehr essentieller Punkt ist:
Im Anschluss stelle ich mich manchmal noch mit Hugos Hasenbrot ein wenig in die Sonne und esse. Ja genau, er hat es den ganzen vorherigen Tag in seiner Schultasche rumgeschleppt, woraufhin es im Kühlschrank gewartet hat und beim Abendbrot vergessen wurde. Was soll ich lügen, es schmeckt wunderbar!
Ab jetzt wird auf Pausen verzichtet.
Irgendwann später kommt zwangsläufig die nächste Unterbrechung: Dann steht das erste Kind vor der Tür und erwartet mit der größten Selbstverständlichkeit ein Mittagessen. Dieser Abschnitt gestaltet sich dann übrigens als sehr, sehr lange Pause.
Mein Freund Theodor sagt dazu Folgendes:
Er bestätigte mir noch mal, dass es dabei wirklich um die Pause geht. Gut, er ist Psychotherapeut, er muss es wissen. Das trägt sicher zu ganz viel Ausgeglichenheit und Zufriedenheit im Leben bei.
Moment: War er nicht gerade selbst in der Pause, als er das gesagt hat?
Und was hat er da eigentlich für eine tolle Welle in seinem Haar?
Wäscheklammern sind Schwarmgegenstände. Auf sich allein gestellt würde ein Exemplar verkümmern bis hin zur Selbstauflösung.
Wäscheklammern gehören aufgrund ihres inflationären Auftretens zur Familie extrem vernachlässigter wie gleichermaßen überaus nützlicher Gegenstände. In nahezu jedem Haushalt wird ein Schwarm gehalten, was zu einer enormen Verbreitung geführt hat.
Es kommt allerdings regelmäßig vor, dass sich während des Aufhängens ein Exemplar hinunterfallen lässt, warum, ist weitesgehend unerforscht. Ich versuche mich in solchen Momenten nicht aus dem, wie wir oben gelernt haben, von Belanglosigkeit geprägten Pausenflow bringen zu lassen und greife die Thematik erst später wieder auf. Einige Exemplare verschwinden auf diese Weise. Insbesondere dieses Phänomen gibt Forschern viele Rätsel auf. Könnten diese Klammern eventuell tatsächlich Einzelgänger sein, sich durch den Trick des Fallenlassens separieren und so quasi den Freitod wählen?
Alle Wäscheklammern bewohnen während ihrer langen Pausen ein gemeinsames Zuhause, den Klammernbeutel. Es wäre denkbar, dass solch eine permanente Nähe nicht jeder Klammer behagt.
Auf diesem Bild wage ich den Versuch einer Individualisierung.
22. Oktober 2020
Freiberuflich und kreativ und regulär im Homeoffice – das ist zuweilen eine Herausforderung.
Egal, was ich noch schreiben werde: Wir haben ganz tolle Kinder. Wir lieben sie sehr. Auf dem Bild ist gut zu erkennen, dass sie überdies auch ganz lieb zueinander sind.
Norwegen ist ein Sehnsuchtsort. Ich habe mal etwas über das Thema Sehnsuchtsorte gelesen und stimme vollkommen zu – obwohl ich noch nie da war. Auch ich sehne mich schon sehr lange nach Norwegen.
Dieses Jahr wollten wir darum endlich mal dorthin. Anfang Januar wurde ich schon ganz kribbelig vor Vorfreude. Die anderen hatten jetzt auch immer mehr Lust auf Norwegen.
Wir würden morgens mit Blick auf den Fjord frühstücken, lange Wanderungen machen und abends mit Blick auf den Fjord selbstgeangelten Fisch essen. Sollte es tatsächlich mal regnen, blieben wir einfach in unserer gemütlichen Hütte und würden einträchtig siedlern.
Und wir hätten endlich Unmengen von dieser vielbeschworenen, wertvollen Zeit für uns als Familie.
Dann kam der Lockdown und wir waren immer zusammen, jeden Tag, von morgens bis abends und davor, danach und dazwischen auch noch. Es waren keine Ferien und es fühlte sich auch überhaupt nicht so an.
Manchmal gingen wir spazieren. Die Kinder beschäftigten sich auf die übliche Weise. Wir versuchten, ihnen in großem Abstand zu folgen. Eigentlich war alles wie immer.
Aber irgendwie war es auch anders. Egal, was wir taten und wo wir hingingen, wir waren immer zu viert. Und wir fanden das nicht schön. Dann dämmerte uns: wir hatten uns einen waschechten Familienkoller eingefangen.
Und ganz zaghaft begannen wir uns zu fragen, ob der Besuch Norwegens, dem Land der Abgeschiedenheit und Ruhe, diesem unangetasteten, unschuldigen Sehnsuchtsort, wirklich die richtige Entscheidung für Leute mit Familienkoller sein würde.
Die Isolation zog sich so hin, vieles blieb liegen. Auch unsere Fähre nach Norwegen hatte ihren Betrieb eingestellt. Hoffnung keimte auf. Könnte es sein, dass der Urlaub vielleicht einfach ausfiel? Alle um uns herum stornierten, keiner buchte. Das wäre doch eigentlich auch für uns ganz prima. Die Lösung lag nämlich gar nicht darin, weit weg zu fahren, sondern das zu tun, wonach man wirklich Sehnsucht hatte. Das war gar kein Ort, das waren Menschen!
Im Umgang mit Menschen sollten wir laut Coronaauflagen äußerst zurückhaltend sein. Könnten wir dennoch eins, zwei, drei, vier Wiedersehen mit den bei uns besonders beliebten Menschen fertigbringen, bestünden ausgezeichnete Heilungschancen für unseren Familienkoller.
Vielleicht auch fünf oder sechs.
Während die Ferien näher rückten, die Fähre wieder fuhr und wir noch hofften, hierbleiben zu können und trotzdem kostengünstig aus der Sache rauszukommen, hatten die Norweger längst entschieden, dass wir gar nicht einreisen durften.
Und so kamen sehr entspannt die Ferien und mit ihnen: der Harz! Unterschätzt und umfahren. Da wollten wir hin, denn in Wirklichkeit ist das Gute so nah. Wir trafen dort außerdem unsere Freundinnen Doris und Pita, die ganz nebenbei das Familiengefüge aufbrachen.
Mehrere Blicke auf die Wetterapp bestätigten uns, dass alles genau richtig gekommen war. In Norwegen waren 13 Grad bei Dauerregen. Im Harz immerhin 18.
Im nächsten Jahr fahren wir wieder nach Norwegen. Das selbstverständlich ein Sehnsuchtsort bleibt. Vorausgesetzt, die echte Sehnsucht ist gestillt.
Randnotiz: Wie Durst. Durst muss auch gestillt werden. Bei Ausflügen dürfen Wasserflaschen deshalb niemals fehlen. Die meisten Eltern wissen das.
Auch unsere Kinder haben Wasserflaschen. Feline benutzt eine kleine und Hugo eine große.
Wir tragen sie im Rucksack bis zum Anschlag gefüllt mit uns herum, wenn es kühl ist und garantiert keiner etwas trinken will. Wir vergessen sie hingegen meistens, wenn es warm ist und die Kinder auf jeden Fall Durst bekommen. Manchmal natürlich nur aus Prinzip, weil wir sie nicht dabei haben. Womit wir wieder bei den Menschen wären, die wir in Coronazeiten plötzlich ganz dringend wiedersehen müssen.
Die beiden Wasserflaschen sind vom Leben gezeichnet, was sie zum Malen deutlich attraktiver macht.
Morgens, wenn es in Nup mal wieder nichts zu tun gab außer ein paar Schulaufgaben, die aber noch den ganzen Tag Zeit hatten, tauschten wir uns mit Feline immer gern über die wirklich wichtigen Dinge des Lebens aus.
Kami Sacong? An Corona? Wann? Wer ist das?
In Sekundenschnelle gleicht das Gehirn in so einem Moment ja verschiedene abgespeicherte Erinnerungen ab. Mein Gehirn fand diesen Namen nicht und entschied sich dann für einen übergewichtigen Politiker und Angehörigen der Risikogruppe aus einem fernen Land.
Ein Berühmter, sagte Feline, die ganz offensichtlich Bescheid wusste. Kenn ich nicht, sagte ich. Wahrscheinlich hatten sie es gestern in den Nachrichten gebracht, als ich in der Küche gerade Popcorn für die ganzen Karatzekatzen gemacht habe. Es hatte sich ein wenig eingebürgert, zu den allabendlichen Nachrichtensendungen eine riesige Schüssel süßen Popcorns zu essen.
Das mit dem Popcorn ist mir ein bisschen peinlich, weil die Nachrichten zum Teil ja auch sehr schrecklich waren.
Später sind wir dazu übergegangen, jedem Kind eine eigene Schüssel zu geben.
Pita, du siehst, ich bleibe hier konsequent bei der ungeschminkten Wahrheit.
Zurück zum Thema. Weil ich auch wissen wollte, wer dieser Kami Sacong ist – oder war – wollte ich es schnell mal nachschlagen. Das echte Nachschlagen in Büchern ist fast ausgestorben, dafür wird das Wort aber synonym für das Wischen und eiliges, zumeist falsch geschriebenes Tippen verwendet. Früher hätte ich sicher besinnlich in Band 7 in Meyers Neuem Lexikon nachgeschlagen – und auch nichts gefunden.
Kami Sacong war nicht zu finden. Feline, wer ist der Tote? hakte ich nach.
Der hat zum Beispiel den Karneval der Tiere komponiert, sagte Feline.
Ach so, Camille Saint-Saëns! Felines Held, seit sie ihn mal im Musikunterricht hatten.
Du siehst hier Camille Saint-Saëns mit seiner Hündin Dalila, angeblich einer Rauhaarpinscherin. Saint-Saëns wurde auf seine alten Tage wohl etwas menschenscheu, er lebte zurückgezogen einzig und allein mit seiner besten Freundin Dalila – oder sie mit ihm (* originale Bildunterschrift des Fotografen).
Dalila kam 1909 tragisch bei einem Autounfall ums Leben. Saint-Saëns musste sich zum Hinwegtrösten einen weiteren Hund anschaffen, Berluron, und starb 1921 schließlich selbst an Altersschwäche.
Das Internet ist eine Parallelwelt unerhörten Ausmaßes. Im Gegensatz zum Weltall haben es die Menschen geschaffen und deshalb verbraucht es auch eine Menge CO2.
Auch wir nutzen das Internet. Manchmal, wenn wir zum Beispiel den Sommerurlaub geplant haben, durften alle gemeinsam einen Blick hinein werfen. Ansonsten machen wir es fast immer für uns allein.
Das liegt auch ein bisschen daran, dass einige von uns sehr empfindsam auf den Umgang mit ihren Rechnern reagieren.
Als es mit Corona losging, nutzten wir das Internet schon am Morgen ganz intensiv. Wir hatten weiter nichts zu tun und so studierten wir als erstes die täglichen Infektionszahlen, während wir unseren Kaffee schlürften; eine Zeit voller Sonntage eben (wo bleiben eigentlich deine Namensvorschläge für diese Art von Tagen?).
Als Angehörige der Nichtrisikogruppe kriegten wir Angst um unsere Eltern und Großeltern und um überhaupt die meisten Angehörigen der Risikogruppe und haben nicht ein einziges Mal nachgesehen, wie viele Menschen in Schleswig Holstein leben, ungefähr 2,9 Millionen nämlich. Aber wer konnte schon sagen, wie sich alles entwickeln würde?
Und weil alle Familienfeste ausfielen und wir plötzlich nichts sehnlicher wollten, als unsere Familie wiederzusehen, nahmen wir auch dafür die Dienste des Internets in Anspruch.
Vorher haben wir das übrigens nie getan.
Die Kinder kamen ab und an ins Bild, klickten auf diese nervigen Riesen-Smileys, lachten und gingen, während wir versuchten zu Wort zu kommen, denn dem einen Teil waren die Kommunikationsregeln beim Skypen völlig schnuppe – und der andere nahm an, es seien dieselben wie im echten Leben.
Ach, das echte Leben…
Meistens aber waren wir dabei, das Internet je nach Interessenlage zu gebrauchen. Es galt allerdings die Dreiviertel-Einviertel-Regelung, die besagt, dass es immer einen geben musste, der das nicht konnte. Und das war meistens derjenige von uns, der es wirklich brauchte.
Wir haben nämlich ein sehr langsames Internet hier in Nup.
Auf zwei der unten gezeigten Inhalte werde ich garantiert nicht wieder eingehen. Auf eins aber komme ich bestimmt noch zurück.
Wir sind nach meiner Zählweise in Woche 13 angekommen. Die Grundschulen in Schleswig-Holstein haben geöffnet und ich habe das Internet vormittags wieder für mich allein.
Wir befinden uns in Woche 11 der Schulschließung. Der Tag, an dem die Schulen dicht gemacht haben, ist nämlich der Beginn unserer persönlichen Corona-Zeitrechnung, weil seitdem jeden Tag Sonntag ist. Und wenn jeden Tag Sonntag ist, gibt es keine Sonntage mehr. Eigentlich müsste also ein neuer Name her, sowas wie Nonametag (ich freue mich an dieser Stelle über ideenreiche Zuschriften).
Alles begann im März, genau genommen am 15. März, am Tag 0 unserer Zeitrechnung.
Exakt an diesem Tag brachte meine Freundin Jonna die Einzelteile eines Gewächshauses. Es hatte so zerlegt gewissermaßen wartend ein vergessenes Dasein in einer Ecke ihres Gartens geführt und würde – gelänge der Plan – sich an die Wand des kleinen Hauses schmiegen, als wäre das seit jeher seine alleinige Bestimmung.
Ein Gewächshaus stand auf unserer Wunschliste schon sehr lange ganz oben. Und so fügte sich ausgerechnet jetzt alles auf wundersame Weise.
Wir hatten ein waschechtes Coronaprojekt.
Gut, Jan hatte ein Coronaprojekt. Ich nahm wie üblich die beratende Position ein. Am Tag 1 der Woche 1 fanden sich Jan und sein Coronaprojekt aus freien Stücken und in aller Frühe im Garten ein. Wir anderen schliefen natürlich noch, Sonntag eben. Sofort nach dem Aufstehen wurde mir klar, dass das Coronaprojekt die denkbar günstigste Fluchtmöglichkeit vor dem Homeschooling der Kinder war und dass ich mich leider für die Rolle der Bauberaterin entschieden hatte.
Relativ schnell stieß Jan auf das erste Problem:
Das Teil war eine nichtssagende, längliche geriffelte Aluplatte ohne Bohrlöcher. In Wirklichkeit handelte es sich aber um die Steuerung, quasi das Herzstück des Gewächshauses. Ohne dieses Teil wäre es einfach nur ein normales Gewächshaus, bei dem wir später alle Arbeiten selber machen müssen. Na, lass erstmal liegen, sagte ich, es wird schon durch einen Piepton und das dann erscheinende Display anzeigen, wann, wo und wie es verbaut werden muss.
Fortan widmete sich Jan dem Fundament, dem unsichtbaren, anstrengenden, aber entscheidenden Teil der ganzen Arbeit. Es ist beim Gewächshaus wie überall im Leben: Stimmt das Fundament, stimmt auch der Rest. Aber nur der Rest wird zukünftig gesehen.
Als das Gerüst endlich stand, freute ich mich ausgesprochen über den jetzt sichtbaren Rest.
Für Jan war das nur ein weiteres Etappenziel des großen Ganzen. Zwischendrin nahm er es immer mal wieder mit dem mysteriösen Teil auf.
Bis heute ist nicht geklärt, wie das Teil funktioniert und ob es sein Schweigen jemals brechen wird. Deshalb haben wir das Gewächshaus vorerst manuell in Betrieb genommen.
Aber das ist schon wieder eine neue Geschichte.
Die Hollywoodschaukel ist an Spießigkeit kaum zu übertreffen. Sie ist das Gegenteil von Hollywood. Sie steht in Gärten wie dem unseren, wo sie sich prima in das unspießige Gesamtbild einfügt. Zusätzlich tragen alle olle Trainingshosen.
* Auch die Hollywoodschaukel selbst ist sehr bequem. In ihr schaukelnd unter blauem Firmament Eis am Stiel zu essen, ist wirklich der Himmel auf Erden.
Was die Hollywoodschaukel angeht, gilt es zwei Sachen zu beachten.
1. Es ist nicht egal, mit wem du die Schaukel teilst. Manche schaukeln einfach zu hektisch. Das Schaukeln muss im absoluten Gleichklang passieren.
2. Auch eine Hollywoodschaukel muss irgendwann mal neu gestrichen werden. Diese hier ist eine Spende der Nachbarn, die sie uns mit dem Hinweis: „Ihr müsst das Gestänge schön abschmirgeln und neu streichen, dann sieht sie wieder passabel aus.“ überließen. Das ist nie passiert. Und auch die häuslichen Coronawochen konnten uns nicht dazu motivieren.
Zurück zur Trainingshose. Sie nimmt eine besondere Rolle in der Coronazeit ein. Ich kenne Menschen, die sie vor lauter Homeoffice und Homeschooling gar nicht mehr ausziehen wollen.
Karl Lagerfelds letzte Worte waren ja: Wer Trainingshosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren. Da könnte was dran sein. Seit Corona sehe ich das aber nicht mehr so eng. Die Trainingshose ist perfekt geeignet, um sich lässig zwischen Küche, Schreibtisch, Schulaufgabentisch und Garten hin- und her zu bewegen.
Die norddeutsche Bezeichnung Trainingshouse kommt ihrer wahren Bestimmung sehr nah, denn am allerwenigsten wird in ihr tatsächlich trainiert. Stattdessen trägt man sie zu Hause (vergl. auch engl. house).
Die klassische Trainingshose ist fast immer betont hässlich und steht niemandem.
Darf ich uns vorstellen?
Wir sind Familie Karatze.
Wir sind schon sehr lange zusammen, aber seit dem Corona-Lockdown sind wir es ständig.
Ja, wissen wir, jetzt kommen die ganzen Lockerungen…
Wir haben uns erst einmal etwas Zeit genommen, um überhaupt zu entstehen – obwohl es uns eigentlich ja schon gibt, hehe.
Aber jetzt habe ich uns in einer passablen Variante gezeichnet. Und dann brauchten wir auch noch ein neues Zuhause, also diesen Blog hier. Daran hat wiederum Jan eine Weile gebastelt, und zwar so lange, bis wir uns darin wohlgefühlt haben. Und so ist dann doch etwas Zeit ins Land gegangen.
Egal, jetzt sind wir da und hoffen, du auch.
Das Bild oben ist übrigens ein Ausschnitt. Nicht nur das, es ist, wie wir Illustratoren sagen, auch noch ein Freisteller. Das heißt, dass das Bild keinen Hintergrund hat, weil man ihn am Computer entfernt oder gar nicht erst gezeichnet hat. So kann das Bild überall hingeschoben werden, sogar vor einen ganz neuen Hintergrund.
Eigentlich sieht das Bild nämlich so aus:
Et voilà : Familie Karatze an einem Traumstrand mit Palmen. Das war ein schöner Urlaub neulich! Wir haben es uns so richtig gut gehen lassen. Alle mussten zuhause bleiben, nur wir lagen in der Sonne…
Aber das glaubt uns vermutlich sowieso keiner.
Wir sind in Wirklichkeit auch einfach nur zuhause und freuen uns, dass die Flugzeuge am Boden bleiben.
Eigentlich sieht das Bild nämlich so aus:
Und das stimmt jetzt wirklich. Es ist am einzigen Ostersonntag entstanden, der, seit Ostern überhaupt gefeiert wird, während eines Lockdowns stattgefunden hat.
Wir waren im Wald spazieren – einem Wald, in dem uns unter normalen Umständen kein Mensch begegnen würde. Diesmal mussten wir uns regelrecht ins Unterholz schlagen, denn wir empfanden die Menschenmassen, die alle nicht wussten, wo sie ihren Osterspaziergang sonst machen sollten, als äußerst bedrohlich. Wir sind halt Landeier.
Und an diesem 12. April beschlossen wir, auch gleich unseren Familienfisch zu machen.
Familienfisch? Wie jede Familie pflegen wir Familientraditionen. Dazu gehört der Familienfisch. Es handelt sich im Grunde um ein mit Selbstauslöser geschossenes Familienfoto.
Sein Ursprung liegt weit zurück. Im Eingangsbereich des Kindergartens unseres Ältesten… darf ich vorstellen, das ist Noki…
…hing damals ein ganzer Schwarm dieser Familienfische. Die Idee ist wirklich gut. Jede Familie hatte ein Foto von sich auf einen selbstgestalteten, und jetzt kommt’s: Fisch geklebt. Die Fischvorlage war für alle gleich.
Wir entschieden, aus unserem Fisch einen Piranha zu machen. Damals fanden wir ihn ganz toll.
Inzwischen kann ich problemlos nachvollziehen, welchen verstörenden Eindruck er hinterlassen haben muss.
Dazu das Foto als lebensfrohes Dreigespann.
Und zum Vergleich ein paar Fische von anderen Familien…
Eins ist am Ende dieses langen Tages noch wichtig, ich musste es meiner Freundin Pita versprechen: Auf diesem Blog wird nichts beschönigt.
Wirklich nicht.
Manchmal fühlen sich diese Tage so an:
Und dann zum Glück wieder so:
Ach, es gibt so viele Facetten.
Was es heißt, viele Wochen mit der Familie zuhause zu verbringen und dort gleichzeitig freiberuflich zu arbeiten, lässt sich erst ermessen, wenn so ein Fall tatsächlich eintritt.
Machen wir das Beste draus.